Layout / Satzherstellung für Verlage

Retrospektive. Als ich 1987 nach meiner Ausbildung bei Universitätsdruckerei Stürtz in Würzburg in den Computersatz einstieg, musste man noch ohne Computermaus auskommen. Sämtliche Eingaben erfolgten mit der Tastatur über Kommandozeile. WYSIWYG – what you see is what you get – war ein Fremdwort. Umso mehr gefragt war die Fähigkeit sich vorstellen zu können, wie der Schriftsatz nach der Belichtung auf Film rauskommt. – Und Film war sehr teuer. – Zusammen mit den damaligen Kollegen setzte ich neun Jahre wissenschaftlichen Satz für renommierte Fachverlage. Die Mikrotypographie, wir setzen viel mathematischen Formelsatz, besaß überaus hohen Stellenwert.

Werksatz

Was sich über die Jahre nicht geändert hat: Je­der Buchti­tel, jede Zeitschrift stellen in der Bearbeitung spezielle Anforderungen, die konsequent und sorgfältig behandelt wer­den müs­sen. Ein Paragraphenwerk, das zusätzlich zum gebundenen Druckexemplar für die Veröffentlichung in juristischen Datenbanken vorgesehen ist, setzt naturgemäß andere Schwerpunkte als ein gestaltungsintensives Schulbuch. Jedoch kann das subjektiv einfache Werk sogar größeren Bearbeitungsaufwand erfordern.

XML-strukturierter Schriftsatz

XML – Hype oder Notwendigkeit? Im zurückliegenden Angestelltenverhältnis bearbeitete ich 7 Jahre lang ausschließlich XML-Daten. Nicht zuletzt von daher ist mir der hohe Stellenwert von XML in der Satzherstellung geläufig. Unser Werkzeug war 3B2 bzw. Advanced Print Publisher. 3B2 ist ein sehr mächtiges Tool zur Erstellung von validen XML-Satzdaten. Der hohe Einrichtungs- und Wartungsaufwand rentiert sich zumeist erst in der Bearbeitung von Schriftenreihen und Periodikas. In Verbindung mit Massensatz in XML ist 3B2 meines Erachtens das Nonplusultra. Zu nennen wäre die direkte Showstring-Programmierung, die Perl-Schnittstelle sowie 3B2-Script. Die interne Scriptsprache ist gewöhnungsbedürftig, da nicht objektorientiert programmiert wird. Konsequent angewendet ist 3B2 mit 3B2-Script und Perl ein angenehmer Begleiter im beruflichen Alltag des Setzers. Ein weiteres Plus ist die Implementierung von TEX. Wer einmal Formeln mit TEX/LaTeX gesetzt hat und großen Wert auf Typographie legt, dürfte sich dessen bewusst sein, dass TEX im Formelsatz in der ersten Liga spielt.

InDesign

Im direkten Vergleich mit 3B2 ist Adobe InDesign hinsichtlich XML-Tauglichkeit, vornehm ausgedrückt, leider noch immer mit etwas Bescheidenheit gesegnet. Seine Stärken spielt es im komplexen, gestaltungsintensiven Layoutsatz, teils auch im ePub-Export einfacherer Werke aus. Auf dem Weg zum ePub muss freilich ordentlich nachbearbeitet sowie nötige Anpassungen in den Style Sheets vorgenommen werden. Adobes Entwickler haben auch nicht versäumt InDesign eine vollständige Objektbibliothek zu hinterlegen. Die technische Anforderung im Schriftsatz liegt darin, die Möglichkeiten beispielsweise mit JavaScript auszuschöpfen.

InDesign kann bereits seit einigen Jahren mit regulären Ausdrücken umgehen, sogar Grep-Stile lassen sich den Formaten hinterlegen. Dabei sind reguläre Ausdrücke mitnichten eine Erfindung von Adobes Entwicklern. Im Frühjahr 2006, als ich praktisch von heute auf morgen von QuarkXpress migrierte, war RegEx noch nicht in InDesign implementiert. Mit der Scripterweiterung Satimage OSAX für AppleScript am Mac hatte ich dieses Manko jedoch „um einige Ecken rum“ umschiffen können.

Workflow

Den jeweiligen Workflow per Scripting zu beschleunigen ist im Werksatz mehr denn je absolutes Muss. So kann man sich nicht nur von lästiger Routine befreien, sondern Satzparameter, Kerning usw. zeitsparend anwenden. Sogar Fehler lassen sich ausmerzen bzw. Fehlerquellen beseitigen. Man lässt einfach den Rechner arbeiten und widmet sich derweil „wichtigeren“ Aufgaben.

Die Bildlegenden werden aus dem Haupttext ausgeschnitten, in einem neuen Textrahmen mit Label platziert und zusammen mit dem entsprechenden Bild einer neuen gelabelten Gruppe zugeordnet. Im sich anschließenden Layoutprozess konnte dann gezielt per Knopfdruck die jeweilige Gruppe aus Abbildung und Legende wunschgemäß platziert werden. Das Video zeigt welche Vielzahl an Script-Objekten für diese Aktion angesprochen werden müssen.

Im realen Betrieb war die grafische Bildschirmauffrischung während der Laufzeit des Scripts zur Beschleunigung natürlich deaktiviert. Der seinerzeitige „Rechenknecht“ war mit der 1,2-GHz-CPU auch so schon zur Genüge ausgelastet ;-)